die Suche nach dem tiefen Selbst

Leroy Mckoy

Als junger Mann wurde Leroy zwei Mal wegen Schmuggel großer Mengen von Cannabis ins Gefängnis gesperrt. Das erste Mal saß er in Deutschland im Gefängnis, einem Land mit einem aufgeklärten Gefängnissystem, das den Gefangenen sehr half. Beim zweiten Mal saß er in einem Hochsicherheitsgefängnis in Großbritannien ein, das nur darauf aus war, die Gefangenen weg zu sperren. Die Moral in diesem Gefängnis war im wesentlichen, unverwundbar zu erscheinen, um zu überleben. Leroy konnte diese Rolle gut spielen.

Aber hinter dieser Rolle steckte ein anderer Leroy. Die ersten vierzehn Jahre seines Lebens hatte er in Jamaika auf dem Lande in einer von Frauen geführten Gemeinschaft gelebt. Seine Großmutter spielte immer eine bedeutende Rolle für ihn, und auch nach ihrem Tod blieb sie immer ein Teil seiner inneren Welt. Diese Erfahrung führte ihn zu der Überzeugung, dass es noch andere Dimensionen der menschlichen Existenz gibt als diejenigen, die wir durch unsere fünf Sinne erfahren. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Krimineller hatte ihm ein Freund ein Buch über die spirituellen Ideen Rudolf Steiners gegeben. Sein Freund hatte dieses Buch in dem vom Großvater gemieteten Haus in London gefunden und dachte, es würde Leroy helfen, seine inneren Erfahrungen der Anwesenheit seiner Großmutter zu verstehen. Während seines ersten Gefängnisaufenthalts entschied Leroy sich, seine Zeit zu nutzen, um diesen Fragen nachzugehen.Er bat seinen Partner, ihm mehr Bücher Rudolf Steiners zu schicken. Er las sie alle. Als er zum zweiten Mal im Gefängnis fest saß , immer noch inspiriert von der Suche nach einer spirituellen Dimension, gründete er eine Studiengruppe mit seinen Mitgefangenen.

Dann kamen drei Ereignisse zusammen, die alles für ihn veränderten. Erstens, ein junger Mann in seiner Studiengruppe beging Selbstmord. Zweitens, an einem verbotenen Radio lauschend, hörte Leroy von den Krawallen schwarzer Jugendlicher in Birmingham. Drittens, er hörte Nelson Mandela sprechen, kurz nach der Freilassung. Er fühlte tiefen Schmerz, als er mit dem sinnlosen Tod seines jungen Freundes konfrontiert war. Er empfand Verzweiflung, Mitgefühl und Verantwortung für die benachteiligten Jugendlichen, die in seiner Heimatstadt randalierten. Das, kombiniert mit dem Image eines schwarzen Mannes, der einst als Terrorist galt, dem nun, Autorität und Weisheit zugesprochen werden, wirkte wie ein Katalysator in seiner inneren Welt.

Er  bekam einen neuen Sinn für das, was für ihn möglich war, einen neuen Sinn für das, was er für die Menschen seiner Umgebung werden konnte. Er entschied sich, das zu sein, was in dieser rauen Welt gebraucht wurde, in der sich keiner traute, Schwäche zu zeigen. Er setzte sich für die Einführung eines Beratungsdienstes im Gefängnis ein. Damit war er erfolgreich. Die Gefangenen wurden von Samaritern geschult und standen einander Tag und Nacht als Helfer zur Verfügung. Dieses Modell war so erfolgreich, dass es auch in anderen Gefängnissen angewandt wurde. Seine Arbeit im Gefängnis führte dazu, dass er früher freigelassen wurde. Leroy arbeitet jetzt ganztags in seiner Gemeinde, wobei er viele Rollen in sich vereinigt. Die wichtigste ist die Beratung der Jugendlichen.