Maria Mountain
Ich habe es immer geliebt zu singen. Als ich jung war hörte ich
Schallplatten meiner Lieblingssänger um mit großer Begeisterung und Gefühl mitzusingen. Später ging ich
zur Universität, um Psychologie zu studieren. Ich wollte etwas über Menschen lernen – über mich selbst und
andere, und lernen, wie wir besser zusammenleben und uns gegenseitig unterstützen und helfen könnten.
Eines Tages hörte ich den Uni-Chor unvergesslich schöne zeitgenössisch klassische Musik vortragen. Er
hinterließ einen solch bewegenden Eindruck auf mich, dass ich mein Studium auf Vokalmusik umänderte.
Leider ging es mir in diesem Kurs nicht sehr gut. Ich hatte damals nicht genügend Lebenserfahrung zu wissen,
dass es für mich besser gewesen wäre, aufzuhören, um einen anderen Kurs zu finden, der mehr meinen
Bedürfnissen entsprach.
Ich aber dachte, dass ich nicht gut genug war. Der Kurs konzentrierte sich auf
die „Produktion“ von Opern- und klassischen Sängern, die die Fähigkeit besaßen bekannt zu werden, um somit
der Musik Fakultät mehr Ruhm einbringen zu können. Ich war nur ein sehr kleines Rädchen in einem großen
Getriebe. Ich wurde der Verantwortung der neuesten Gesangslehrerin in der Fakultät übergeben. Sie hatte
gerade erst begonnen und hatte alle "schwächeren" Sänger in ihrer Gruppe, worüber sie sich
ärgerte. Unsere Beziehung war nie einfach.
Ich beendete die vier Jahre meines Studiums, aber hatte
dadurch völlig meine natürliche Singstimme verloren. Meine Stimme wurde tatsächlich jedes Mal heiser,
wenn ich versuchte, mehr als ein paar Minuten zu singen. Ein weiterer Schmerzpunkt war, dass ich am Rande
der engen Musikfakultät stand und doch niemals einen Weg zu finden schien, dazuzugehören, was wiederum
bedeutete, dass ich wenig Selbstvertrauen hatte.
Während der nächsten 20 Jahre war mein Leben
zwar ausgefüllt, aber ich fühlte mich innerlich blockiert und spürte, dass etwas fehlte. Vor fünf Jahren ging ich
zu einem Gesangsseminar. Die Tage waren damit erfüllt, Kanons, Gospel, afrikanische und andere Weltmusik
gemeinsam zu singen, als auch miteinander zu reden. Wir alle erzählten einander die Geschichten aus
unserem Leben. Ich fand zu meinem Erstaunen heraus, dass ich nicht allein war. Es gab eine große Anzahl an
verletzten Sängern und Sängerinnen, die damit kämpften ihre Stimme wieder zu finden! Am Ende dieser
wenigen Tage, kurz bevor ich wieder aufbrechen musste, fand ich mich plötzlich in Tränen aufgelöst. Die
Erleichterung, die ich in diesen Tagen, durch das Zusammensein und das gemeinsame Singen schöner Musik,
spürte, öffnete in meiner Seele einen Staudamm. Ein Austausch zwischen meiner Seele und meiner Stimme
begann zu fließen. Ich war wieder verbunden mit dem, was mir schon so lange gefehlt hatte.
Dieses
war mir eine wichtige Erfahrung, ein Einblick in eine Welt, die ich ersehnte wieder bewohnen zu können. Aber
ich fühlte in mir noch ein zu großes Durcheinander, als dass meine Probleme durch diese einzelne Erfahrung
behoben werden konnten. Ich folgte aber meinem neuen musikalischen Weg trotz der Schatten meiner
Selbstzweifel, die weiterhin versuchten, meine Bemühungen zu untergraben. Eines Tages, nach aller
Anstrengung und meinen inneren Kämpfen mit diesem Thema, fanden die Götter den richtigen Moment, um
endlich zu mir durchzudringen. Ich war in meinem Auto, dachte an nichts Besonderes, und war in keinster
Weise mit Musik beschäftigt.
Ich ertappte den Gedanken in mir: „Ich muss doch nicht unbedingt
klassische Musik lieben, um mich als eine echte Sängerin zu fühlen. Ich darf auch andere Arten von Musik
lieben; und das muss nicht gleich bedeuten, dass ich versagt habe!“
Wie einfach dieses Erlebnis auch
schien, dieser Gedanke erschloss in mir die Fähigkeit, mich in meiner Musikalität wieder zu entdecken, nach
den vielen Jahren, in denen ich mich selbst mit den Werten von meinem College verurteilt hatte. Befreit
durch diesen Moment, begann ich den Weg, meine Stimme reicher und voller werden zu lassen. Nach 25
Jahren der Mühen und Selbstzweifel gehört die Freude am Singen endlich wieder zu mir.